Amedeo Modigliani in der Tate Modern, London, vom 23.11.2017 bis 2.4.2018

Die Tate Modern in London zeigt seit dem 23. November 2017 eine große Retrospektive des italienischen Malers Amedeo Modigliani (1884-1920). Schon Monate vorab hatte ich mich darauf gefreut – und wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil! Die Ausstellung, kuratiert von Nancy Ireson, Simonetta Fraquelli und Annette King, ist großartig und lässt einem völlig in die Welt dieses Ausnahmetalents eintauchen.

 

Amedeo Modigliani wurde am 12. Juli 1884 in Livorno, Italien geboren. Schon früh macht sich bei ihm das zeichnerische Talent bemerkbar. Dieses vertiefte und verfeinerte er in italienischen Museen durch Studien der Künste, von der Antike bis hin zur Renaissance. Bis es ihn dann 1906, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in den damaligen Nabel der Kunstwelt, nach Paris zog, um dort neue Eindrücke, Techniken und Denkweisen zu erlernen und gewinnen. Er traf Künstler wie Pablo Picasso, Amadeo de Souza-Cardoso, Paul Cézanne, Chaïm Soutine und den Bildhauer Constantin Brâncuși, der 1909 ein Atelier neben dem von Modigliani bezog, und schloss mit einigen von ihnen enge Freundschaften.

 

In seiner Anfangszeit in Paris widmete er sich zunächst der Bildhauerei, ein Raum der Ausstellung ist daher ausschließlich seinen Büsten und Skulpturen gewidmet. Ab 1914 wandte er sich jedoch hauptsächlich der Malerei zu. Seine wunderbaren, für mich auch immer irgendwie melancholischen Porträts und Aktzeichnungen sollten ab dann Geschichte schreiben. Vor allem seine Akte: Denn Modigliani malte die Frauen so, wie die Natur sie schuf, inklusive Schambehaarung! Welch ein Skandal! Es gab zwar schon immer Aktdarstellungen, doch wurden diese stets ohne jegliche Körperbehaarung auf die Leinwand gebannt. Wie obszön die Bilder des Italieners zu jener Zeit auf den Betrachter wirken mussten – und wie wunderschön waren sie anzusehen. Wenn man vor diesen meisterhaften Gemälden steht, erkennt man erst, was für ein grandioser Künstler Modigliani war. Beim Betrachten hat man das Gefühl das, wenn man die Haut bzw. den Körper auf den Bildern berühren, diesen auch spüren könnte. Seine Farbpalette ist sehr vielschichtig und zeigt alle Nuancen an Hauttönen. Einige dieser Werke wirken fast dreidimensional, wenn man sich auf sie einlässt.

 

Gleich zu Beginn der Ausstellung taucht man zunächst in eine Art Orientierungsphase des Malers ein. Seine ersten Jahre in Paris sind unter anderem von Künstlern wie Picasso oder Cézanne beeinflusst. Bei einigen Bildern war ich erstaunt, dass sie von Modigliani waren, sie sahen aus wie Cézannes. Auch in ihrer Farbigkeit: Wie bei Cézanne dominieren in den Werken sowohl Grün- und Blautöne, auch die Anmutung der Motive ähnelt einander.

Als ich in einem Raum mit diversen Porträts stand und mich umschaute, wurde mir nach und nach bewusst, dass Modigliani eigentlich nur mit einer beschränkten Farbpalette malte: Weiß, Schwarz, Blutrot und einem ganz bestimmten Petrolblau und natürlich die Hauttöne. Doch aus diesen Farben hat er das Maximale an Nuancen herausgeholt und seine Figuren zum Leben erweckt. Auch die Ähnlichkeit mit den Porträtierten ist gleich ersichtlich. Eines seiner besonderen Kennzeichen neben den langgezogen Gesichtern, Hälsen etc., sind die „toten“ Augen in seinen Bildern. Obwohl sie nicht so wirken, ist es verwunderlich. „Wenn ich dir in die Seele blicken kann, dann male ich auch deine Augen“, soll er diesbezüglich einmal geäußert haben.

 

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges ging Modigliani, u.a. aus gesundheitlichen Gründen, nach Südfrankreich. Dort teilte er sich ein Haus mit dem Maler Chaïm Soutine. Seine Farbpalette erweiterte sich und die Farben des Midi übernahmen die Regie. In dieser Zeit entstanden wunderbare Kinderporträts und – für Modigliani eher ungewöhnlich – Landschaftsbilder (unten rechts). Insgesamt sind nur vier erhalten bzw. bekannt.

 

Zeitlebens von seiner Lungenkrankheit und später von schweren Alkoholproblemen begleitet, starb Modigliani am 24. Januar 1920 mit nur 35 Jahren in Paris. Nur zwei Tage später stürzte sich seine hochschwangere Frau und Muse Jeanne Hébuterne (oben links) in den Tod. Sie ist auf vielen der in der Ausstellung gezeigten Werke zu sehen.

Ein weiteres Highlight der umfangreichen Ausstellung wartet ziemlich am Schluss des Rundgangs: „The Ochre Atelier“. Mittels Virtual Reality kann man einen Besuch in Modiglianis letztem Studio machen. Die Karten dafür sind umsonst und werden am Eingang der Ausstellung ausgegeben. Da diese aufgrund der Besucheranzahl und der Zeiten begrenzt sind, ist es empfehlenswert, sich diese gleich zu sichern. Einen ersten Vorgeschmack bekommt man hier!

Es ist eine sehr gelungene und in ihren Themenbereichen perfekt aufgebaute Ausstellung. Wer sich vorab über den Maler und seine Akte informieren will, der kann dies bei Arte tun. Unter Art & Culture on TV findet ihr den TV-Tipp zur Dokumentation über Modigliani. Diese ist bis zum 10. März 2018 abrufbar.

Auch den Katalog zur Ausstellung (nur auf Englisch) kann ich wärmstens empfehlen.
Als Paperback kostet er £ 25.00, Hardcover £ 35.00.

TATE MODERN

Bankside
London SE1 9TG

Öffnungszeiten:

Donnerstags bis Sonntag 10.00–18.00

Freitag und Samstag 10.00–22.00

Eintritt (Erwachsene) £ 19.50 – £ 12.50 (inkl. Spende)

 

 

 

 

Drei TV-Tipps fürs Wochenende: Von Georgia O’Keeffe über James Turrell bis Paul Gauguin…

Passend zur  Zeitumstellung, lohnt sich heute das Aufbleiben oder wer die Möglichkeit hat, das Aufzeichnen von drei tollen Dokumentationen. Zwei Highlights sind heute ab 23.25 auf 3Sat zu sehen, über Georgia O’Keeffe und James Turrell morgen geht es weiter mit Paul Gauguin, der ja gerade sehr im Trend ist – Biopic im Kino sowie eine große Ausstellung in Paris:  Seit dem 11. Oktober 2017 (noch bis 22. Januar 2018) ist im Grand Palais die Ausstellung „Gauguin – L’alchimiste“ zu sehen. Anlässlich dessen zeigt Arte TV eine ansprechende Doku, in der das ungewöhnliche Leben des autodidaktischen Künstlers geschildert wird. In Trick- und Spielszenen taucht man in die Welt Gauguins (1848-1903) und seines ungewöhnlichen, viel zu kurzen Lebens ein.

Das Atelier Brancusi in Paris

Wie im vorherigen Beitrag bereits angekündigt, konnte ich mein Vorhaben bei meinem letzten Parisaufenthalt endlich in die Tat umsetzen und habe das Atelier des rumänisch-französischen Bildhauers Constantin Brancusi (1876-1957) besucht. Nach dem TV-Beitrag auf Arte war ich erst recht neugierig auf das, was in dem flachen Gebäude, erbaut von Renzo Piano, links neben dem Haupteingang des Centre Pompidou vorzufinden ist. Und nach einem langen Spaziergang durch die heiße Stadt (über 33 Grad), war ich froh, in das helle und vor allem gut klimatisierte Atelier abtauchen zu können.

Im ersten Teil sind seine wunderbaren Arbeiten zu sehen. Brancusi hatte nach seinem Tod 1957, das komplette Atelier an den französischen Staat vermacht. Die aktuelle Variante, eine exakte Rekonstruktion des ursprünglichen Ateliers wurde 1997 auf dem Platz links vor dem Centre Pompidou erbaut. Es beinhaltet u. a. 137 Skulpturen, 87 Grundlagen, 41 Zeichnungen, zwei Gemälde und über 1600 Fotografie-Platten aus Glas und natürlich die Werkzeuge mit den Brancusi seine Skulpturen erarbeitete.

Die Räumlichkeiten selbst sind durch Glaswände geschützt, was mir dabei sehr gut gefallen hat, waren die rundum aufgestellten Bänke, so dass man sich setzen und die Vielzahl des Gezeigten in aller Ruhe auf sich wirken lassen konnte. Fast wie eine kleine Meditation in Sachen Kunst. Die Beschreibungen an den Seiten ähnelten wegen der Vielzahl dessen, was zu sehen war, eher Suchbildern, daher waren die Bänke eine willkommene Option, Werk und Formenvielfalt aufzunehmen und zu genießen.

Wenn man sich von den Objekten gelöst hat, geht es weiter zum eigentlichen Atelierbereich, wo u.a. sein Handwerkszeug, Skulpturen (fertige und sich in Arbeit befindende), Gemälde, Fotografien sowie der Rückzugsbereich des Künstlers vorzufinden sind.

Wer also auf Kunsttour in meiner Lieblingsstadt ist, dem kann ich einen Besuch in diesem kleinen, aber feinen Museum nur wärmstens empfehlen. Der Eintritt ist frei und der Eindruck dessen, was man geboten bekommt – unbezahlbar.

 

Atelier BrancusiIMG_5636

Täglich von 14.00 bis 18.00 – ausser dienstags – geöffnet!

Der Eintritt ist frei!

 

 

Der Bildhauer Constantin Brancusi

Jedes Mal, wenn ich in Paris vor dem Centre Pompidou stehe, nehme ich mir vor, endlich einmal das Atelier des rumänisch-französischen Bildhauers Constantin Brancusi (1876-1957) zu besuchen. Ich habe schon so viel von ihm gesehen und über ihn gelesen, aber dennoch bin ich nach den Ausstellungen im Beaubourg meist zu platt, um dann noch ins Atelier Brancusi zu gehen. Brancusi vermachte sein komplettes Studio dem französischen Staat. Eine genaue Rekonstruktion dessen wurde 1997 vor dem Centre Pompidou in Paris erbaut und ist heute Besuchern zugänglich.

Skulpturen - Constantin Brancusi
Constantin Brancusi, Variation der „Muse endormie“ © Artline Films

Arte zeigt morgen früh eine preisgekrönte, halbstündige Doku über den Bildhauer, die sich wirklich anzuschauen lohnt! Man erfährt viel über den Künstler und sein Oeuvre. Mehr dazu unter Art & Culture on TV

 

Picasso und die Frauen – kunsthalle messmer, Riegel – bis 12. Nov. 2017

Die kunsthalle messmer widmet sich in ihrer 25. Ausstellung einem der größten Künstler des 20. Jahrhunderts: Pablo Picasso. Über ihn als Mann mag man denken, was man will, aber als kreatives Genie hat er unumstritten Geschichte geschrieben. Schwerpunkt der Ausstellung sind die Frauen in seinem Leben. Nichts hat ihn so sehr beeinflusst und inspiriert wie das ewig Weibliche. Seine, ich nenne sie mal Gefährtinnen auf Zeit, fanden in unzähligen seiner Werke Ausdruck und zeigten ihren Einfluss auf ihn – und umgekehrt. Ob als Muse, Ehefrau oder Geliebte – jede wurde auf Leinwand gebannt oder fand als Skulptur ihren Platz in der Geschichte des Jahrhundertgenies. Einige von ihnen griffen auch selbst zum Zeichenstift und waren künstlerisch tätig. Davon sind bei Messmer einige Beispiele zu sehen.

Unter anderem Skizzen von seiner ersten langjährigen Gefährtin in Paris, Fernande Olivier, genannt „La Belle Fernande“. Beide lebten zusammen in jener Behausung im Bateau-Lavoir im Montmartre Viertel, wo neben Picasso auch andere weltberühmte Künstler wie Otto Freundlich, Kees van Dongen, Amedeo Modigliani und Juan Gris u. v. a. lebten. Olivier stand unter anderem Modell für alle Frauen des berühmten Gemäldes „Les Demoiselles d`Avignon“, entstanden 1907, das heute als Meilenstein in der Entwicklung des Kubismus und als Schlüsselwerk der Klassischen Moderne überhaupt gewertet wird. Es ist im Museum of Modern Art in New York zu bewundern.

Auch die farbenfrohen Gemälde der Malerin Françoise Gilot, Mutter seiner beiden jüngsten Kinder Paloma und Claude sind ausgestellt. Gilot war übrigens die einzige Frau, die Picasso jemals verlassen hatte. Nach zehn Jahren an der Seite des Egomanen und dem Ertragen seiner unzähligen Affären, gab sie ihm 1953 den Laufpass. Daniel-Henry Kahnweiler, Picassos Kunsthändler, hatte auch Françoise Gilot unter Vertrag, was Picasso aus Rache dazu veranlasste, Kahnweiler zu erpressen: Entweder er beendet den Vertrag mit Gilot oder Picasso beendet seine Zusammenarbeit mit Kahnweiler. Man ahnt, wozu sich der Kunsthändler entschieden hatte. Zum Glück hielt das Gilot nicht davon ab, weiterhin ihren Weg zu gehen und sich als Künstlerin zu etablieren. Heute lebt sie, inzwischen 95, in New York.

In jener Zeit, als Gilot ihn verließ, traf er in Vallauris, Südfrankreich, auf seine Muse Sylvette David, ein junges Mädchen, von dessen Anblick er sofort begeistert war und das ihn mit ihrem Stil und ihrer Schüchternheit in den Bann zog. Ihre Ponyfrisur mit dem sehr hoch angesetzten Pferdeschwanz inspirierte sogar Brigitte Bardot. Sylvette war wohl eine der wenigen Frauen, die nicht mit ihm intim waren und die ihm nur Modell saß. Picasso fertigte zahlreiche Porträts von ihr, die in einer wunderbaren Ausstellung im Jahr 2014 in der Kunsthalle Bremen zu bewundern waren. Der Einfluss Picassos bei Sylvette, die sich heute Lydia Corbett nennt, zeigt sich unverkennbar in ihren Bildern. Und zu meiner großen Freude konnte ich Sylvette David aus Anlass der Ausstellungseröffnung kennenlernen. Sie ist eine wunderbare, in sich ruhende und warmherzige Künstlerin, die heute in England lebt und erfolgreich als Malerin und Bildhauerin tätig ist.

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Eine wunderbare Begegnung – Sylvette David (r.) und ich ©starkandart.com

Die weiteren in der Ausstellung vorgestellten Frauen sind Eva Gouel, von 1911-15 seine große Liebe, die mit knapp 30 Jahren viel zu früh an TB verstarb. Diese Beziehung war auch Vorlage für einen wunderbaren Roman von Anne Girard „Madame Picasso“ (falls noch jemand Urlaubslektüre braucht). Dann natürlich seine erste Ehefrau, die russische Tänzerin Olga Khokhlova, Mitglied des Ballets Russes von Sergei Diaghilev. Aus dieser Ehe ging Sohn Paul hervor, allerdings hielt sie nur gute zehn Jahre, scheiden ließen sich die beiden allerdings nie und so waren sie bis zu Khokhlovas Tod im Jahr 1955 miteinander verheiratet.

Pablo Picasso, Gesicht (Marie Thérèse), Lithografie, 1928, Kunstmuseum Pablo Picasso Münster
Pablo Picasso, Gesicht (Marie Thérèse), Lithografie, 1928, Kunstmuseum Pablo Picasso Münster © starkandart.com

Der Trennungsgrund jener Ehe war die Beziehung zu Marie-Thérèse Walter, die er als blutjunges Mädchen in den Galeries Lafayette in Paris angesprochen hatte und die fortan seine heimliche Geliebte war. Mit der Heimlichkeit war es allerdings vorbei, als im Oktober 1935 die gemeinsame Tochter Maya geboren wurde. Marie-Thérèse und Picasso waren zeitlebens verbunden. Sie war die einzige Frau, die seine Haare und Zehennägel schneiden durfte. Ihre markanten Gesichtszüge sind in zahlreichen seiner Werke gut zu erkennen. Während er mit ihr liiert war, begann auch schon seine nächste Affäre mit der Fotografin und Malerin Dora Maar. Sie war es auch, die ihn mit der Kamera bei der Entstehung seines Monumentalgemäldes Guernica begleitete. Das neben „Les Demoiselles d’Avignon“ bekannteste Gemälde Picassos entstand 1937 als Reaktion auf den Luftangriff durch Italien und Deutschland auf die spanische Stadt Guernica. Es hängt heute im Museo Reina Sofia in Madrid.

Auch seine zweite und letzte Ehefrau, Jacqueline Roque, findet sich in der Ausstellung wieder. Sie war die letzten 20 Jahre, bis zu seinem Tod im April 1973 mit ihm zusammen. Wie bereits zuvor Marie-Thérèse Walter (1977), nahm sich auch Roque einige Jahre nach Picassos Tod im Jahr 1986 das Leben.

Ein weiteres und für mich sehr schönes Highlight sind die Skizzen, die Picasso von Angela Rosengart fertigte. Rosengarts Vater war Kunsthändler und mit dem Künstler gut befreundet. Und wer mal in Luzern, in der Schweiz ist, dem kann ich nur wärmstens einen Besuch in der Sammlung Rosengart ans Herz legen. Ich bekam Schnappatmung als ich die unzähligen Gemälde, Skizzen, Objekte und Fotografien, u. a. von David Douglas Duncan, dort gesehen habe. Von den wunderbaren Bildern Paul Klees, Joan Mirós, Marc Chagalls, Henri Matisse und vielen andern ganz zu schweigen.

Aber zuerst empfehle ich natürlich wärmstens den Besuch in der kunsthalle messmer bei „Picasso und den Frauen“, mit mehr als 120 Arbeiten aus bedeutenden Museen und Privatsammlungen. Sie vermittelt in einzigartiger Weise Einblicke über das künstlerische Schaffen des Malers und in die Werke der Frauen um das Jahrhundertgenie.

kunsthalle messmer
Grossherzog-Leopold-Platz 1
79359 Riegel am Kaiserstuhl
Tel.: +49 (0) 7642 920 162 0

Öffnungszeiten: Di. bis So., 10 – 18 Uhr

 

 

Happy Birthday, David Hockney!

Heute feiert einer der ganz Großen in der Kunstwelt seinen 80. Geburtstag: Der Brite David Hockney. Er gilt als einer der einflussreichsten Künstler unserer Zeit und ist mit seinem unverkennbaren Werk wirklich einzigartig.

David Hockney, Guest House Wall, 2000, Richard Gray Gallery ©starkandartcom
David Hockney, Guest House Wall, 2000, Richard Gray Gallery © starkandart.com

Oft der Pop-Art zugerechnet, was er jedoch immer von sich wies, lassen sich bei ihm auch Einflüsse von Matisse, Picasso u. a. zuordnen. Seine Bilder sind realistisch, meist in leuchtenden Farben und lassen sich, kennt man beispielsweise die Motive seiner Heimat in Yorkshire, wunderbar nachempfinden.

Hockney studierte mit Weggefährten wie Regisseur Ridley Scott in London an der Royal Academy of Arts, die im vergangenen Jahr übrigens eine sensationelle Ausstellung mit 82 Porträts + 1 Still-Life zeigte. Wer gerade in Venedig ist, der hat das Glück, noch bis zum 22. Oktober 2017, diese wunderbare Ausstellung dort in der Galleria Nazionale d’Arte Moderna zu besuchen. Ich hatte sie vergangenen September in London gesehen und war begeistert. Einige Beispiele daraus sind hier zu sehen:

Doch zurück zu Hockney. In den sechziger Jahren zog es ihn nach Kalifornien. Das freiere Leben dort zog ihn an. Er war damals bereits ein bekannter Künstler und experimentierte neben der Malerei auch mit Fotografie. Seine großartigen Gemälde aus dieser Zeit spiegeln die Vorstellungen vom Licht und der Landschaft an der US-Westküste wieder. Dort, in seinem Haus in Los Angeles entstanden auch seine berühmten Swimmingpool-Bilder, die ihn schließlich weltweit bekannt machten. Eines dieser kostbaren Werke hatte ich auf der vergangenen Art Basel gesehen. Es sollte für einen siebenstelligen Betrag den Besitzer wechseln.

Neben seinen Gemälden liebe ich seine Digitalprints. Die Leuchtkraft der Farben, die Sujets und dass er es dem Betrachter ermöglicht, in seine Bilder und die dort zu sehenden Landschaften einzutauchen ist etwas, das nicht vielen Künstlern gelingt.

In jungen Jahren war Hockney ein Rebell, ganz Dandy begann er früh seine Haare platinblond zu färben, was seinen Look unverwechselbar machte, Pop-Artist und Bohemien. Er ist ein Künstler, der mit der Zeit geht und die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks zu nutzen weiß, so entstehen viele seiner Werke heute am Computer oder auf dem iPad.

Die Tate in London ehrte ihn dieses Jahr bereits mit einer umfassenden Retrospektive. Diese ist nun, doppelt so groß, in meinem geliebten Paris, im Centre Pompidou, zu sehen. Bis zum 23. Oktober, hat man dort die Möglichkeit in Hockneys Werk einzutauchen und einen wunderbaren Blick über diese unglaublich schöne Stadt zu genießen. Ich empfehle jedoch, die Tickets vorab zu bestellen, da die Warteschlangen erfahrungsgemäß immer sehr lang sind.

Art Basel 2017

Heute, okay, es ist nach Mitternacht, also gestern, war der erste Tag der 48. Art Basel. Schon seit Wochenbeginn gibt die Kunst in allen Ecken der Stadt den Ton an. Der alljährlich stattfindende Art Basel Parcours rund um den Münsterplatz, der sowohl drinnen als auch draussen ortsspezifische Objekte vorstellt, ist bereit und einige Museen, wie das wunderbare Kunstmuseum, hatten ausnahmsweise auch schon am Montag geöffnet – so dass man sich auch dort die Zeit vertreiben konnte.

Im Vergleich zum letzten Jahr zeigte sich nicht nur das Wetter von seiner allerbesten Seite, auch die ausgestellte Kunst machte auf mich den Eindruck von Fröhlichkeit und einer farbenfrohen Leichtigkeit. Egal, ob es sich um Werke etablierter Größen handelt oder ob es die Arbeiten neuer junger Talente waren. Einen ersten Eindruck gibt es hier!

Noch bis Sonntag zeigen 291 Galerien aus 35 Ländern und sechs Kontinenten, was Künstler und Kunst zu bieten haben – von Werken des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischer Kunst. Einige weitere Highlights für mich waren heute diese Werke:

Das Wort ist wieder in Mode gekommen und wurde von einigen Künstlern wunderbar in Szene gesetzt. Ein tolles Ereignis war auch die Art Unlimited Halle. 76 großformatige Werke von Künstlern wie Otto Piene, Doug Aitken, Carl Andre, John Baldessari, Imi Knoebel, Jenny Holzer, Carlos Caraicoa und anderen zeigten Kunst zum Staunen, Träumen und Erleben – ob es der Lauf auf „rohen“ Eiern war, die Kochperformance im Pavillon von Subodh Gupta oder ein zauberhaftes begehbares Spiegelkabinett sowie inspirierende Videoinstallationen. Mehr zu meinen Impressionen von der Unlimited  Schau folgen diese Tage!

Updates und News erfahrt ihr direkt hier unter Art Basel 

Neuland: Jose Dávila. Die Feder und der Elefant, in der Hamburger Kunsthalle

Vom 2. Juni 2017 bis zum 3. Juni 2018

Nach Haegue Yang ist der mexikanische Künstler Jose Dávila (geb. 1974, in Guadalajara) der Zweite, der eine ganzjährige Ausstellung in der Galerie der Gegenwart mit seinen Skulpturen und Installationen bestückt. „Neuland“ ist ein Ausstellungsformat der Hamburger Kunsthalle, dass es Künstlern ermöglicht, ihre Werke mit Hintergrund globaler Veränderungen über einen langen Zeitraum zu präsentieren. Die ausgestellten Werke werden eigens dafür konzipiert, so auch die sieben Exponate Dávilas, der übrigens das erste Mal in Deutschland ausstellt.

Zu seinen bevorzugten Materialen zählen alle Arten von Glas, von Plexi- bis Spiegelglas, für ihn ein absolut zeitgemäßes Material, als auch Marmor. Für die Exponate in der Hamburger Kunsthalle wurde nicht nur die Architektur des Hauses berücksichtigt und die Installationen auf die Gegebenheiten der Räume abgestimmt, auch einige der verwendeten Materialien kommen aus dem Hamburger Umland sowie aus Mexiko. Steine und deren organische Struktur haben für den Künstler eine ganz besondere Bedeutung. Was sich ein bisschen wie der berühmte „Rote Faden“ durch die Ausstellung zieht, sind die Befestigungen seiner teils doch sehr fragilen Installationen: Es sind Gurtbänder, in Gelb und Rot, die eigens für Dávila angefertigt werden, und die seinen Werken eine gewisse Komplexität verleihen.

Was mich begeistert hat, dass sind die Transparenz und Leichtigkeit, die bereits erwähnte Fragilität sowie die Diversität, die einem die Exponate in den lichtdurchfluteten Räumen immer wieder neu entdecken und erleben lassen – wie auch durch den Titel der Ausstellung „Die Feder und der Elefant“ deutlich wird. Man darf auch gespannt sein, wie sich die Lichtverhältnisse und die Reflexionen im Lauf eines Jahres bei der Betrachtung verändern. Ich freue mich darauf und werde bei meinen künftigen Besuchen immer wieder dort vorbeischauen.

Jose Dávila ist ein Künstler, der es wert ist entdeckt zu werden. Nach seinem Architekturstudium belegte er Kurse für Skulptur und Fotografie. So ist es nicht verwunderlich, dass in seinen Arbeiten spielerische Reflexionen, kritische Kommentare und offene Hommagen an die Kunst- und Architektur-Avantgarde des 20. Jahrhunderts zu erkennen sind. Zu deren namhaften Vertretern gehören u. a. Größen wie Richard Serra, Donald Judd oder Dan Flavin.

Ausgewählte Objekte wie das größte der Exponate „The riddles have been unriddled“, mit den gelben Spanngurten, verbleiben als Dauerleihgabe im Besitz der Hamburger Kunsthalle.

Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall 5
20095 Hamburg
Tel. +49(0)40-428131-200

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 10.00 bis 18.00 Uhr
Donnerstag von 10.00 bis 21.00 Uhr
Montags geschlossen

Vollkommenheit in Form und Farbe: Max Pechstein im Bucerius Kunst Forum, Hamburg

 

Mitten in der Stadt, neben Hamburgs schönem Rathaus, liegt das Bucerius Kunst Forum. Dieses zeigt seit dem 20. Mai 2017 die beeindruckende Ausstellung: „Max Pechstein. Künstler der Moderne“. Bis zum 3. September sind dort Werke verschiedener Schaffensphasen des Malers zu sehen. Das ehemalige „Brücke“-Mitglied ist den Expressionisten zuzurechnen, wobei sich auch Einflüsse anderer Kunstrichtungen in seinen Bildern erkennen lassen – wie es in einigen Exponaten spürbar ist. Meines Erachtens zeigen sich Ähnlichkeiten mit Henri Matisse, André Derain und Paul Gauguin, was Rückschlüsse auf seine Zeit in Paris schließen lässt, in Formensprache, Ausdruck sowie der berauschenden Farbigkeit.

Erstmals wird dem Schaffen Hermann Max Pechsteins (1881-1955) eine Einzelschau in Hamburg gewidmet. Sie würdigt den Künstler als wegweisenden Vertreter der Moderne und lässt sein vielschichtiges Werk vor dem Hintergrund unterschiedlicher biografischer und geografischer Schwerpunkte neu aufleben. Dargestellt in fünf chronologisch geordneten Kapiteln ist zu sehen, wie sich Pechsteins Stil mit jeder Station verändert und weiterentwickelt: Von Paris, Berlin und Dresden, Nidden auf der Kurischen Nehrung über Monterosso (Italien), Palau (Südsee) sowie Leba und Rowe in Ostpommern.

1906 lernte er in Dresden Erich Heckel kennen und schließt sich im selben Jahr der Künstlervereinigung „Die Brücke“ an. Obwohl Pechstein 1912 wegen nicht eingehaltener Absprachen bzgl. gemeinsamer Ausstellungen aus dieser Vereinigung ausgeschlossen wurde, war ihr Einfluss in seinem Werk noch lange danach spürbar.

Über die motivische Prägung unterschiedlicher Lebensmittelpunkte macht die Ausstellung deutlich, wie der Künstler wichtige Strömungen und Neuerungen in der Malerei erspürte und sie in seinem Werk verarbeitete.

Die über 70 Werke vermitteln, wunderschön in Szene gesetzt, einen Einblick in alle signifikanten Werkgruppen und Schaffensperioden Pechsteins von 1906 bis 1932. Präsentiert werden neben einer Vielzahl seiner beeindruckenden und farbenfrohen Gemälde auch Druckgraphiken, Zeichnungen, Aquarelle und Holzschnitte:

Es ist eine Ausstellung, die sich auf jeden Fall lohnt. Auch gerne ein zweites Mal. Sie ist, wie fast immer in diesem kleinen, exquisiten Museum auf den Punkt kuratiert. Der Besucher erfährt viel über den Maler und dessen Leben und erfreut sich mit Sicherheit an der Schönheit der Bilder in ihren kräftigen, leuchtenden Farben und den zauberhaften kleinen Aquarellen, die in teils pastelliger Farbigkeit begeistern. Für mich war es ein Besuch mit Gute-Laune-Faktor. Und es sind nicht wenige der gezeigten Werke, die ich auch gerne bei mir aufhängen würde. Hier einige meiner Lieblinge:

Max Pechstein. Künstler der Moderne
20. Mai bis 3. September 2017 

Bucerius Kunst Forum
Rathausmarkt 2
20095 Hamburg
Telefon: +49 (0) 40 / 36 09 96 0

Geöffnet: Täglich von 11 bis 19 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr

 

 

 

 

 

„Entdecken durch Verhüllen“ – „Christo und Jeanne-Claude“ in der kunsthalle messmer in Riegel – bis 18. Juni 2017!

Große Kunst findet oft im Kleinen statt. Gekonnt vermittelt das seit Jahren Jürgen A. Messmer mit seiner idyllisch gelegenen kunsthalle messmer in einer alten Brauerei. Dabei hat er keine Scheu vor großen Namen und macht diese kunst- und kulturinteressierten Besuchern im südlichen Breisgau in Riegel am Kaiserstuhl, zugänglich. Ein Leckerbissen ganz besonderer Art ist derzeit die Ausstellung mit rund 100 Objekten, Zeichnungen und Collagen vom Meister der Verhüllung: Christo & Jeanne-Claude.

Der als Christo Wladimirow Jawaschew am 13. Juni 1935 in Bulgarien geborene Künstler gewann mit seinen spektakulären Aktionen und Inszenierungen weltweit großes Ansehen. Jüngstes Objekt waren die im vergangenen Jahr geschaffenen, wunderschönen „Floating Piers“ auf dem Lago D’Iseo, in Italien.

Untrennbar mit Christo verbunden ist seine Frau Jeanne-Claude. Sie war die Liebe seines Lebens und teilte seine Leidenschaft und die Hingabe zur Kunst. Wie er wurde auch sie am 13. Juni 1935 geboren, verstarb jedoch bereits im November 2009 in New York. Beide lernten sich 1958 in Paris kennen. Im Lauf ihres gemeinsamen Lebens entwickelten sie zahlreiche spektakuläre Projekte rund um den Globus. Fällt sein Name, wird auch immer der von Jeanne-Claude genannt, vereint in alle Ewigkeit.

Wichtig für ihn: Er ist KEIN Verpackungskünstler. Er verhüllt und gibt dem, was dann nur zu erahnen ist, damit eine ganz besondere Dimension. „Offenbaren durch Verbergen“, wie Kunstkritiker und Journalist David Bourdon es treffend beschreibt. Christos Karriere kam Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger Jahre in Paris in Fahrt. Erste Verhüllungsobjekte waren damals ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände wie Dosen, Flaschen, Stühle – einfach alles, was er finden konnte. Ende der Sechziger Jahre wurden die verhüllten Objekte größer, das erste Gebäude, dass unter seinen Stoffbahnen verschwand, war die Kunsthalle Bern im Jahr 1968. Es folgten „The Umbrellas“, 1980-83, in Kalifornien und Japan, der verhüllte Reichstag in Berlin, 1995 oder „The Gates“, 2005, im Central Park, New York, um nur einige zu nennen.

Das Besondere an Christos & Jeanne-Claudes Oeuvre ist für mich die absolute Unabhängigkeit des Künstlers. Er legt Wert darauf, alles selbst zu finanzieren. Dies geschieht unter anderem durch die Verkäufe von Skizzen, Zeichnungen etc. Was nach Beendigung einer Aktion übrig bleibt, wird ebenso verkauft oder recycelt. Allem voran steht der Gedanke der Nachhaltigkeit.

Die Ausstellung zeigt einige Raritäten neben wunderbaren Fotografien, u. a. vom Berliner Reichstag, 1995, von Wolfgang Volz, der auch als Projektmanager für Christo tätig war. Aktionen wie der verhüllte Reichstag in Berlin waren und sind eine logistische Herausforderung. Die Vorbereitungen dafür begannen bereits 1971, bis zur endgültigen Verhüllung 1995. Die Stoffe für seine Objekte werden übrigens in Deutschland hergestellt.

Das nächste Projekt, dass der Künstler in Planung hat, ist eine Mastaba. Standort Abu Dhabi. Sie soll sein Vermächtnis werden. Wer aber nicht bis zur Fertigstellung dessen warten will, dem empfehle ich einen Besuch in Riegel in der kunsthalle messmer. Der Südwesten Deutschlands lohnt sich immer, befindet er sich doch im Goldenen Dreieck mit der Schweiz und Frankreich – verbunden mit zahlreichen Museen, spektakulären Ausstellung und Vielem mehr.

Und für Picasso Fans wie mich, gibt es ab dem 24. Juni auch gleich die nächste großartige Ausstellung in der kunsthalle messmer: Picasso und die Frauen.

kunsthalle messmer
Grossherzog-Leopold-Platz 1
79359 Riegel am Kaiserstuhl
Tel.: +49 (0) 7642 / 92 01 62 – 0
info@kunsthallemessmer.de
Öffnungszeiten: Di. – So., 10.00 – 17.00 Uhr